Leitantrag

Antragsteller: Landesvorstand

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Antragstext

Die Linke Bayern wird bis zur Landtags- und Bezirkswahl 2028 ihre eigene Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie ihre Kampagnentätigkeit konsequent auf „Mieten runter, Löhne rauf!“ zuspitzen.

Vor Ort etabliert die Linke Bayern Strukturen zur Unterstützung von Menschen, die von Wuchermieten, hohen Nebenkosten und Ausbeutung am Arbeitsplatz betroffen sind.

Begründung

Wir erleben die letzten zwei Jahre einen Rechtsruck. Der Nährboden dafür ist vielfältig: Die Angst vor den Kosten und Konsequenzen der ökologischen Transformation, massiv steigende Mieten, sinkende Reallöhne und eine marode Infrastruktur, um nur einige zu nennen. Die Angst vor dem materiellen und kulturellen Statusverlust wird nicht selten auf die noch schwächeren übertragen, insbesondere auf Menschen mit Migrationsgeschichte und auf Menschen, die Transferleistungen beziehen. Dieser Rechtsruck zeigt sich im Erstarken der rechtsradikalen AfD, aber auch indem sowohl die Bundesregierung wie auch die bayerische Staatsregierung Forderungen der AfD in ihrem Regierungshandeln einfach übernehmen.

Die Linke konnte dieser Entwicklung bisher zu wenig entgegen setzen - zu lange waren zu große Teile unserer Partei mit Spaltung, Streit und innerparteilichen Auseinandersetzungen beschäftigt. Dies hat potentielle Wähler und Mitglieder verschreckt und uns viel Vertrauen gekostet. Bei der Landtagswahl ist es uns nicht gelungen, diesem bundesweiten Trend etwas entgegenzusetzen. Trotz aller Bemühungen hatten wir am Ende wieder nur ein Stimmergebnis von etwa ⅓ der bundesweiten Umfrage. Dennoch ist festzuhalten, dass es uns im Wahlkampf trotz schwieriger Rahmenbedingungen dank engagierter Kandidierenden, vielen ehrenamtlichen Helfenden und einem kleinen aber effektiven Team an Hauptamtlichen immer wieder gelungen ist, über die Wahrnehmbarkeitsschwelle zu kommen und einen flächendeckenden Antritt und Wahlkampf zu organisieren.

Die Linke wird in Bayern - wie in vielen anderen Teilen Deutschlands - ihrem Selbstanspruch als Klassenpartei aktuell kaum gerecht. Ihre politische Unterstützung bekommt sie in Bayern heute überwiegend aus ideologisch gefestigten urbanen und akademischen Schichten. In vielen anderen Teilen der Gesellschaft wird ihr zu wenig Gebrauchswert zugesprochen. Dabei ist es ein Problem, dass es uns nicht gelungen ist, durch Fokussierung ein unverwechselbares Profil zu bekommen. Wir werden heute von zu wenigen als kompetent für soziale Gerechtigkeit wahrgenommen und haben gleichzeitig in keinem anderen Bereich stark an Vertrauen gewonnen. Der Markenkern der Linken hat in den letzten Jahren Schaden genommen. Das ist aber nicht in Stein gemeißelt. Es liegt in unserer Hand, das zu ändern.

Was tun?

Wenn wir als sozialistische Partei wieder in die Offensive kommen und Wirksamkeit entfalten wollen, brauchen wir eine strategische und inhaltliche Klarheit mit einer Rückbesinnung auf die Kernthemen unseres Grundsatzprogramms. Wir wollen eine Linke, deren Mitglieder Souverän der Partei sind. Wir wollen eine Partei mit solidarischer Meinungsvielfalt. Wir streben aber auch nach Einheit in der Aktion und einer offenen und transparenten Streitkultur.

Es ist unsere Aufgabe zu zeigen, dass die Linke für die Lebensalltag vieler Menschen konkrete Veränderungen bringen kann. Das schaffen wir aber nur in dem wir direkter Bestandteil der gesellschaftlichen Kämpfe vor Ort sind, egal, ob es um die Kämpfe gegen steigende Mieten ist, für bessere Löhne oder für eine soziale Transformation der Industrie.

Denn: Das wirksamste Mittel gegen rechte Erzählungen ist die Erfahrung gemeinsamer Kämpfe für soziale Sicherheit und eine bessere Zukunft. Dafür müssen wir vor Ort den persönlichen politischen Kontakt stärken, um so aus unserer Blase herauszukommen. Dabei ist die Arbeit unserer Kreisverbände und unserer Kommunalos von zentraler Bedeutung.

Wir wollen die Themen so aufgreifen, dass die arbeitende Klasse tatsächlich verbinden und nicht weiter spalten. Wir müssen zugleich gesellschaftliche Alternativen aufzeigen, die das Gemeinwohl in den Mittelpunkt stellen und zumindest punktuell über den Kapitalismus hinausweisen. Wir wollen uns als Gegenpol gegen rechte Politik und rechte Parteien positionieren.

Gleichzeitig lässt sich die Themenvielfalt der Partei an diese genannten Kernthemen andocken und damit bestehende Widersprüche zwischen den Milieus entschärfen. Wer für Klimaschutz kämpft, kommt um die mietenpolitische Kernfrage der energetischen Sanierung und Wärmewende nicht vorbei. Immerhin entfallen auf den Sektor Bauen und Wohnen rund 40 % der deutschen CO2 Emissionen! Wer über den massiven Wohnungsleerstand und den Wegfall von Sozialwohnungen spricht, kann direkt der unsinnigen “Das Boot ist voll” Mentalität etwas entgegensetzen. Wer über Löhne und Arbeitsplätze redet, der muss über Care-Arbeit und schlechte Löhne in Frauen und migrantisch dominierten sozialen Berufen sprechen. Gleichzeitig geht es auch hier um Klimaschutz - ohne gute Löhne und gute Arbeitsbedingungen keine Transformation. Unterm Strich ist Klimaschutz keine Lifestyle Frage, sondern eine Frage von kluger Investitionspolitik und guter Arbeit! Die Beschäftigten sind die eigentlichen Helden der Transformation.

Wir müssen und wir werden die Art, wie wir kommunizieren und was wir dabei transportieren, verändern. Im Landtagswahlkampf hatten wir damit begonnen.

  • Die Themen
    • soziale Sicherheit: Schutz vor Arbeitsplatzverlust, sozialen Abstieg und Armut
    • Arbeit, von der man Leben kann: ohne Sozialleistungen zu brauchen oder alles an den Vermieter abdrücken zu müssen
    • politische und soziale Mitgestaltung: betriebliche Mitbestimmung und soziale Selbstbestimmung
    • und schließlich die Verteilungsfrage: Besteuerung von Kapitaleinkommen und Entlastung der Arbeit
    müssen wir so zentral bearbeiten, dass sie auch in der Wahrnehmung der Menschen wieder das Profil der Linken werden. Wir sind die Partei, die der Arbeit und Lebensleistung der Menschen Anerkennung entgegenbringt. Im Gegensatz dazu haben die anderen Parteien nur Respektlosigkeiten wie Bürgerhartz, Armutsrente, Mietenabzocke und Gierflation im Angebot.
  • Unsere Kommunikation muss sich in erster Linie an die Menschen richten, die wir vertreten wollen und mit denen wir Politik machen wollen und nicht an den innerparteilichen Konkurrenten. Das war bereits im letzten Jahr Richtschnur unserer Kommunikation. Unsere Angriffe auf Ampel, Konservativen und Rechtsradikalen müssen mit alternativen Lösungen verbunden werden, so dass wir als die linke Alternative erkennbar sind, die auch realistische Verbesserungsvorschläge präsentiert. Wir sollten populäre Formulierungen nicht scheuen, ohne dabei unzulässig zu verkürzen. Die Dinge sind oft einfacher als gedacht. Es muss immer klar sein, die Ungerechtigkeit unserer Gesellschaft ist in der Teilung von oben und unten begründet, und nicht in einer vermeintlichen Teilung in Deutsche und Nichtdeutsche, heterosexuelle und queere Menschen, in weiße oder nicht-weiße-Menschen. Wir stellen die gemeinsame Betroffenheit von Menschen, die für ihren Lebensunterhalt arbeiten müssen bzw. von Sozialleistungen abhängig sind, in den Vordergrund, und nicht ihre Hautfarbe oder Herkunft. Das ist der beste Weg, den Rechtsradikalen die Deutungshoheit zu nehmen.
  • Unsere Arbeit vor Ort muss so ausgestaltet sein, dass sie für die Menschen einen konkreten Gebrauchswert hat. Das schafft Vertrauen, bringt Verankerung und letztendlich auch Stimmen bei der Wahl zu gewinnen. Beispiele wie die KPÖPlus in Salzburg zeigen, dass das geht. Dort schafft man es nicht nur Stimmen von der Sozialdemokratie zu holen, sondern gräbt auch den Rechten das Wasser ab und mobilisiert viele, die bis dahin nicht gewählt haben. Auch in der bayerischen Linken machen sich viele unserer Mitglieder bereits konkret nützlich für die Menschen in Form von Sozialsprechstunden, indem sie Mietenkämpfe organisieren oder einfach durch Kaffeeausschank. Mit der Bundesarbeitsgemeinschaft „Die Linke hilft“ haben diese Angebote ein bundesweites Dach bekommen. Wir haben in den letzten Monaten damit begonnen, diese Angebote zu koordinieren und auszubauen. Um diese Praxis vom Rand in die Mitte unserer Partei zu holen, liegt noch viel Arbeit vor uns. Sich für die Menschen in diesem Sinne erkennbar nützlich zu machen ist Herausforderungen für alle Genossen*innen, insbesondere auch der Mandatsträger*innen. Auch in unserer Öffentlichkeitsarbeit müssen wir das zentral machen. Tue Gutes und rede davon. Dabei dürfen wir in Sprache und Auftreten nicht in einen karitativen Sozialhilfeverein verfallen. Wir helfen den Menschen zu bekommen, was ihnen zusteht.
  • Um unsere Verankerung in der Gesellschaft zu erhöhen, organisieren unsere Mandatsträger*innen, Mitglieder unserer Arbeitsgemeinschaften und Funktionäre proaktiv Besuche bei Einrichtungen, Gewerkschaften, Verbänden und Organisationen mit dem Ziel, um neue Mitglieder zu gewinnen, die als Gesicht der Partei in die Gesellschaft wirken und andersrum deren Bedürfnisse in unsere Partei tragen.

Die Bundestagswahlen 2025 und die Kommunalwahlen 2026 werden zur Nagelprobe, ob es links der Mitte noch eine Partei gibt, die in der Lage ist, die Interessen der arbeitenden Menschen zu vertreten und zugleich messbar gewählt zu werden. Gemeinsam werden wir die Durchführung dieser Wahlkämpfe organisieren. Dabei wird es sowohl um die inhaltliche Orientierung gehen müssen wie um die Frage der Suche nach guten Kandidierenden.